Ein Blick auf die Zinsentwicklung in den letzten 4 Wochen zeigt: Die Baufinanzierungszinsen sind stark gestiegen. Im Schnitt kletterten sie um 0,5 Prozentpunkte. Solch einen Anstieg gab es zuletzt im Sommer 2015. Ist das schon das Signal für eine Zinswende?

Wie es mit den Baufinanzierungszinsen in den nächsten Wochen weitergeht, erfahren Sie in unserem monatlichen Zinskommentar. Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender von Dr. Klein, kommentiert die jüngste Zinsentwicklung, gibt eine Einschätzung, wie sich die Baufinanzierungszinsen in den nächsten 4 Wochen entwickeln und erläutert die zentralen Hintergründe für die aktuelle Zinsentwicklung.

Expertenmeinung: Bauzinsen steigen in den nächsten Monaten

„Durch die momentan hohen Inflationsraten ist Dynamik auf den Zinsmärkten entstanden – und auch die Baufinanzierungen sind davon betroffen. Verstärkt wird dieser Effekt noch dadurch, dass das Abflachen der Inflationskurve voraussichtlich erst später beginnt als zunächst vermutet“, meint Michael Neumann.

Bau- und Kaufwillige sollten sich daher mittelfristig auf höhere Baufinanzierungszinsen einstellen. „Über die nächsten 1 oder 2 Jahre werden wir mit ziemlicher Sicherheit ein höheres Zinsniveau für Baufinanzierungen sehen“, so Neumann. Kurzfristig rechnet er mit einer leichten Aufwärtsbewegung bei den Bauzinsen.

Zeithorizont Zinstrend
Kurzfristige Zinsentwicklung (1 Monat) Leichte Aufwärtsbewegung
Mittelfristige Zinsentwicklung (6 Monate) Moderate Steigerung
Zinsprognose von Michael Neumann: Die aktuellen Tendenzen der Baufinanzierungszinsen

Unser Tipp: Schauen Sie bei der Zinsentwicklung für die Baufinanzierung vor allem auf die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe. Denn wohin diese Anlage tendiert, dahin entwickeln sich auch die Bauzinsen.

Geldpolitische Beschlüsse: EZB hält sich alle Optionen offen

Die Kernergebnisse der jüngsten EZB-Zinssitzung lassen sich auf 3 Punkte verdichten. Sie lauten:

  • Die Leitzinsen bleiben unverändert.
  • Das Corona-Notfallprogramm PEPP läuft Ende März aus.
  • Die EZB drosselt ihr Tempo bei den Anleihekäufen. Das monatliche Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) wird bis Ende Juni 2022 auf 20 Mrd. € reduziert. Im 3. Quartal könnte es womöglich beendet werden. Ursprünglich sollte es bis zum Jahresende laufen.

Und genau der 3. Punkt hat bei Ökonomen ein geteiltes Echo hervorgerufen. Manche werten ihn als „Signal für eine Straffung der Geldpolitik“. Andere sprechen davon, dass dadurch die „Leitzinserhöhung verschoben“ wird – also die Zinswende in weitere Ferne rückt. 

Und wer hat nun recht? Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte. Gegenwärtig befindet sich die EZB in einer Zwickmühle. Eigentlich müsste sie schnell die Leitzinsen anheben, um der hohen Inflation entgegenzuwirken. Mit dem Ende von APP würde sie eine zentrale Voraussetzung erfüllen, um eine Zinswende einzuleiten.

Gleichzeitig herrscht bei der EZB die große Sorge, dass der Ukraine-Krieg Europa in eine Rezession stürzen könnte. In schlimmsten Fall droht sogar eine Stagflation, also eine Phase, wo die Wirtschaft stottert und gleichzeitig die Inflation wächst: In diesem Fall bräuchten die Staaten und Unternehmen mehr Geld als bisher von der EZB.

Insofern reagiert die EZB angemessen auf die aktuelle Situation in der Ukraine. Sie hält sich alle Optionen offen und ist bereit all ihre geldpolitischen „Instrumente bei Bedarf“ anzupassen. Die EZB trifft sich am 14. April zur nächsten Zinssitzung: Womöglich verkündet sie dann einen konkreten Fahrplan für den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik.

Inflation: Neuer Rekordwert im Euroraum

Laut einer veröffentlichten Schätzung von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, stieg die Inflation im Euroraum im Februar auf 5,8 %. Dies ist der höchste Wert seit der Einführung des Euros. Laut EZB seien die hohen Energie- und Rohstoffpreise die Hauptgründe für den erneuten Preisanstieg gewesen.

Schnellschätzung von Eurostat: Jährliche Inflation im Euroraum, Februar 2022

Wohlgemerkt: Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges sind in dieser Statistik noch nicht erfasst. Doch sicher ist, dass die Energie- und Rohstoffknappheit die Inflation weiter in die Höhe treiben wird. In diesem Lichte muss auch die neue Inflationsprognose der EZB gedeutet werden. Sie erwartet, dass die jährliche Inflation in diesem Jahr bei 5,1 % liegen wird. Im Dezember 2021 ging sie noch von 3,2 % aus. 2023 soll die Inflation dann auf 2,1 % und in 2024 auf 1,9 % sinken. 

Die erneute Anhebung könnte Michael Neumann zufolge für eine weitere Aufwärtsbewegung bei den Baufinanzierungszinsen sorgen. Und der Princeton-Professor Markus Brunnermeier schätzt: „Die Inflation wird länger bleiben und sich verfestigen.“

Schnellschätzung von Eurostat: Jährliche Inflation im Euroraum, Februar 2022

Wohlgemerkt: Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges sind in dieser Statistik noch nicht erfasst. Doch sicher ist, dass die Energie- und Rohstoffknappheit die Inflation weiter in die Höhe treiben wird. In diesem Lichte muss auch die neue Inflationsprognose der EZB gedeutet werden. Sie erwartet, dass die jährliche Inflation in diesem Jahr bei 5,1 % liegen wird. Im Dezember 2021 ging sie noch von 3,2 % aus. 2023 soll die Inflation dann auf 2,1 % und in 2024 auf 1,9 % sinken. 

Die erneute Anhebung könnte Michael Neumann zufolge für eine weitere Aufwärtsbewegung bei den Baufinanzierungszinsen sorgen. Und der Princeton-Professor Markus Brunnermeier schätzt: „Die Inflation wird länger bleiben und sich verfestigen.“

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Sollte ich jetzt eine Baufinanzierung abschließen?

Aufgrund der aktuellen Zinsentwicklung fragen Sie sich vielleicht auch, ob Sie jetzt eine Baufinanzierung abschließen sollten. Denn in 2022 ist es durchaus möglich, dass die Baufinanzierungszinsen leicht steigen und somit würden auch die Kosten Ihrer Baufinanzierung anziehen. Auch die Aufwärtsbewegung bei den Immobilienpreisen sollte sich in 2022 fortsetzen. Denn die Nachfrage ist immer noch größer als das Angebot.

Doch verfallen Sie deswegen nicht in Panik. „Ich rate davon ab, auf Gedeih und Verderb eine Immobilie zu kaufen. Es ist wichtig, die passende Immobilie zu finden und das Vorhaben gut überlegt anzugehen“, sagt Michael Neumann.

Zinsanstieg: Wie viel teurer könnte eine Baufinanzierung werden?

Natürlich verteuert sich die Baufinanzierung auch bei einem moderaten Zinsanstieg. Wenn Sie zu lange warten und Ihre Baufinanzierung zu einem höheren Zinssatz abschließen, steigen die Zinskosten und Sie müssen auch eine höhere Monatsrate tragen. Anhand eines Rechenbeispiels wollen wir Ihnen die Auswirkungen eines leichten Zinsanstiegs zeigen.

  Zeitpunkt A Zeitpunkt B
Effektivzins 0,79 % p.a. 1,01 % p.a.
Monatliche Rate 879,67 € 933,33 €
Restschuld nach 15 Jahren 147.264,99 € 144.120,83 €
Gezahlte Tilgung nach 15 Jahren 132.735,01 € 135.879,17 €
Gezahlte Zinsen nach 15 Jahren 24.905,59 € 32.120,23 €
Laufzeit bis zur vollständigen Tilgung des Darlehens 29 Jahre und 10 Monate 28 Jahre und 10 Monate
Annahmen: Kaufpreis 350.000 €, Darlehenshöhe 280.000 €, anfängliche Tilgung von 3 %, Zinsbindung 15 Jahre

In unserem Fallbeispiel erhöht sich die Monatsrate um rund 50 €. Zudem erhöhen sich Ihre Zinskosten hier um etwa 7.000 €. Behalten Sie daher die Zinsentwicklung der Baufinanzierungszinsen also immer im Blick, bleiben Sie aber ruhig. Aktuell gibt es keinen Grund für Aktionismus. Wie Sie den Zinssatz niedrig halten und was Sie aktuell tun können, um Bauzinsen zu sparen, haben wir für Sie im Ratgeberartikel „Zinsen sparen: 10 Tipps für Ihre Baufinanzierung“ zusammengefasst.

Wie beeinflussen Pfandbriefe und Anleihen die Zinsentwicklung?

Manche denken, dass die Zinsen für Baufinanzierungen unmittelbar vom EZB-Leitzins beeinflusst wird, also dem Zinssatz, zu dem sich Banken von der Europäischen Zentralbank Geld leihen. Das ist ein Irrtum. Vielmehr wirken sich im Wesentlichen 2 andere Faktoren direkt auf die Zinsentwicklung aus: die Preise für Pfandbriefe und für deutsche Staatsanleihen. Nachfolgend erläutern wir Ihnen die beiden zentralen Einflussfaktoren für die Zinsentwicklung etwas genauer. 

Pfandbriefe: Die Refinanzierung von Baufinanzierungen wird in erster Linie über den Handel mit Pfandbriefen gesteuert. Hierbei handelt es sich um festverzinsliche Wertpapiere, die von privaten Hypothekenbanken an Anleger vergeben werden, um Geldmittel für die gewährten Immobiliendarlehen zu beschaffen.

Dazu beleiht die Bank ihre eigenen Immobilien und die ihrer Kunden, indem sie Pfandbriefe an Anleger herausgibt. Die Anleger leihen der Bank also Geld und bekommen dafür Zinsen sowie die Rechte an den Immobilien als Sicherheit. Der Zinssatz der Pfandbriefe orientiert sich dabei an der Rendite für deutsche Staatsanleihen.

Staatsanleihen: Die Rendite der deutschen Bundesanleihen hat maßgeblich Einfluss auf die Höhe der Baufinanzierungszinsen und ist somit ein verlässlicher Indikator für die Zinsentwicklung im Bereich der Baufinanzierung. Sinkt die Rendite der Bundesanleihen, ziehen die Bauzinsen fast zeitgleich nach.

Wie unsere Grafik zeigt, beträgt der Abstand zwischen der Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen und den Bauzinsen im Schnitt 1 %. Da eine Baufinanzierung zählt zu den langfristigen Anlagen und somit hängt die Zinsentwicklung der Bauzinsen maßgeblich von den Faktoren Pfandbrief und Staatsanleihe ab. Steigen die Zinsen für Staatsanleihen, steigen die Zinsen für Pfandbriefe und somit steigen auch die Zinsen für Baufinanzierungen – und umgekehrt.

Welche Auswirkung hat der EZB-Leitzins auf die Bauzinsen?

Der EZB-Leitzins hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Zinsentwicklung der Baufinanzierung, kann aber als indirekter Einflussfaktor gewertet werden. Denn Banken erhöhen oder senken ihre Zinsen, wenn sie erwarten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins verändern wird. Die Baufinanzierungszinsen bewegen sich also in der Regel früher, bevor die EZB den Leitzins verändert. Insofern hat er nur einen indirekten Einfluss auf die Baufinanzierungszinsen. 

Mit dem EZB-Leitzins wird im Allgemeinen der Hauptrefinanzierungssatz der EZB bezeichnet. Er gibt an, zu welchem Zinssatz sich die angeschlossenen europäischen Banken Geld bei der EZB leihen können. Seit März 2016 liegt er bei 0 Prozent. Banken können sich somit zum Nulltarif Geld bei der EZB leihen und die günstigen Konditionen an die Verbraucher weiterreichen.

10 Tipps für Ihre Baufinanzierung in der aktuellen Zinsentwicklung

Nachfolgend haben wir Ihnen 10 Tipps zusammengestellt, wie Sie in Hinblick auf die weitere Zinsentwicklung agieren sollten:

  1. Behalten Sie die Zinsentwicklung im Blick
    In unserem monatlichen Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über die aktuelle Entwicklung der Baufinanzierungszinsen. Melden Sie sich einfach für den Newsletter an und bleiben somit auf dem Laufenden.
  2. Kennen Sie Ihr Budget
    Bescheid wissen, zahlt sich aus. Denn eine budgetgerechte Immobilie belohnen Banken in der Regel mit einem besseren Zinssatz. Sie zahlen also weniger Bauzinsen an die Bank. Ermitteln Sie mit unserem Budgetrechner, was Ihre Immobilie kosten darf und wie viel Kredit Sie bekommen!
  3. Vergleichen Sie mehrere Angebote miteinander
    Holen Sie mehrere Angebote ein und vergleichen Sie miteinander,, um den besten Zinssatz zu bekommen. Übrigens: Vermittler vergleichen für Sie die Angebote vieler Banken und können Ihnen somit in der Regel günstige Zinsen bieten. Erfahren Sie mehr zum Immobilienkredit beim Vermittler!
  4. Wählen Sie bei niedrigen Baufinanzierungszinsen eine lange Sollzinsbindung
    Bei der aktuellen Zinsentwicklung sollten Sie eine Sollzinsbindung von 15 Jahren oder länger wählen. So schützen Sie sich vor steigenden Baufinanzierungszinsen.
  5. Wählen Sie bei niedrigen Baufinanzierungszinsen eine höhere Tilgung
    In Zeiten von Niedrigzinsen empfehlen wir eine Tilgung von mindestens 2 oder besser noch 3%. Damit können Sie das Darlehen schneller zurückzahlen.
  6. Achten Sie auf die Flexibilität
    Ihre Bank bietet Ihnen eine kostenlose Option zur Sondertilgung oder zum Tilgungssatzwechsel an, dann nehmen Sie diese Optionen in Ihren Vertrag mit auf. So haben Sie die Möglichkeit, Ihr Darlehen durch außerplanmäßige Zahlungen schneller zurückzuzahlen beziehungsweise ihre monatliche Rate flexibel an Ihre finanzielle Situation anzupassen.
  7. Denken Sie über ein Volltilgerdarlehen nach
    Ein Volltilgerdarlehen ist ein Darlehen, bei dem am Ende der vereinbarten Laufzeit keine Restschuld mehr bleibt. Wenn Sie über ein gesichertes und hohes Einkommen verfügen und sich die höheren Raten leisten können, sind Sie bereits nach der ersten Finanzierungsrunde schuldenfrei.
  8. Ein Forward-Darlehen hilft bei Ihrer Anschlussfinanzierung
    Ihre Sollzinsbindung läuft noch 12 bis 60 Monate, dann können Sie sich durch ein Forward-Darlehen das niedrige Zinsniveau bereits jetzt sichern.
  9. Sichern Sie sich die niedrigen Zinsen mit einem Bausparvertrag
    Mit einem Bausparvertrag lassen sich die aktuell niedrigen Baufinanzierungszinsen ebenfalls einfrieren. Das Darlehen lohnt sich vor allem, wenn Sie wissen, dass Sie in ein paar Jahren bauen wollen.
  10. Ersparen Sie sich die Bereitstellungszinsen
    Beim Bau einer Immobilie wird der Darlehensbetrag in Teilbeträgen ausgezahlt – je nach abgeschlossenen Bauabschnitt. Während dieser Zeit muss die Bank das geliehene Geld für Sie bereithalten. Dafür verlangen Banken oft Zinsen, die sogenannten Bereitstellungszinsen. Allerdings bieten einige eine bereitstellungszinsfreie Zeit an, 6 Monate oder mehr sind ideal.