Besonderheiten bei Erbpacht-Immobilien
In vielen Regionen Deutschlands kann man nichts so ohne Weiteres ein Grundstück oder ein Haus kaufen. Die Einführung des „Erbbaurechts“ sollte den Wohnungsbau fördern, indem einerseits sozial schwächeren Bevölkerungsschichten die Möglichkeit zum Bauen gegeben werden sollte, andererseits ein Instrument zur Bekämpfung von Bodenspekulationen geschaffen wurde. Im Grundbuch steht der Vermerk „Erbpachtgrundstück“ oder ähnlich. Die öffentliche Hand, (Städte und Gemeinden, etc.), Kirchen, Stiftungen oder Privatpersonen (oft Landwirte) wollen ihre Grundstücke nicht verkaufen, aber trotzdem einem weiten Kreis an Kaufwilligen den Immobilienkauf ermöglichen. Sie „verpachten“ Grundstücke unter gewissen Bedingungen und wollen damit das Vermögen sichern und damit Ertrag erzielen. Sie begründen „Erbbaurechte“. Was ist ein Erbbaurecht genau, wo liegen die Besonderheiten, die Vor- und Nachteile!?
Das „Erbbaurecht“ ist das Recht, meist gegen Zahlung eines regelmäßigen Geldbetrages, Erbpachtzins genannt, auf einem Grundstück ein Bauwerk zu errichten oder zu unterhalten. Gesetzlich geregelt ist das Erbbaurecht im Erbbaurechtsgesetz von 30.11.2007 als Nachfolger der Erbbaurechtsverordnung vom 15.1.1919. Aus Sicht des Eigentümers/Erbbaurechtgebers ist das Erbbaurecht ein „beschränkt dingliches Recht“, das auf seinem Grundstück lastet. Aus diesen Formulierungen sieht man schon, dass das Erbbaurecht etwas Besonderes ist. Das Besondere wollen wir uns aus Sicht des Käufers/des Erbbauberechtigten/des Finanzierungskunden ansehen.
Das Erbbaurecht wird begründet durch den notariellen Erbbaurechtsvertrag zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Pächter (Käufer/Erbbauberechtigtem) für eine gewisse Zeit, oft 99 Jahre. Der Erbbaurechtsberechtigte wird verpflichtet, auf dem Grundstück ein Gebäude zu errichten und es in der Regel wohnwirtschaftlich zu nutzen. Grundstücke werden grundsätzlich beim zuständigen Amtsgericht, dort beim Grundbuchamt, verzeichnet – in den sogenannten Grundbüchern. Beim Erbbaurecht gibt es 2 Grundbücher: das Grundbuch des Eigentümers sowie das ErbpachtGrundbuch (herrschendes Grundbuch), in das der Erbpachtberechtigte als „Eigentümer“ eingetragen wird. Er hat also ein eigenes Grundbuch, ein grundstücksgleiches Recht. Nach deutschem Recht verwachsen ein Grundstück und das darauf errichtete Gebäude zu einer Einheit (siehe § 94 BGB). Das ist beim Erbbaurecht anders. Hier gibt es 2 rechtlich selbständige Einheiten, die durch Vertrag miteinander verbunden und auch wieder getrennt werden können. In das ErbpachtGrundbuch werden z.B. die für die Finanzierung erforderlichen Grundschulden für die Hypothekengeber eingetragen.
Verfügungen über das Erbbaurecht wie z.B. Veräußerungen, Belastungen, bauliche Erweiterungen, etc. bedürfen grundsätzlich der Genehmigung des Grundstückeigentümers – sicherlich ein Nachteil ggü. dem Eigentumsgrundstück. Auch die im Grundbuch sonst noch eingetragenen üblichen Rechte wie Erbpachtzins, Erbpachtzinserhöhungsklausel und das Vorkaufsrecht für den Eigentümer beschränken die Möglichkeiten des Käufers z.B. bei der Finanzierung. Andererseits haben Immobilienerwerber in manchen Regionen Deutschlands gar keine andere Chance, an ein Grundstück zu kommen, als diese Nachteile zu akzeptieren. Und bei der Finanzierungssumme braucht man den Grundstückspreis auch nicht zu berücksichtigen. Dadurch wird es für manch einen Käufer erst möglich, zur eigenen Immobilie zu kommen.
Der Erbbaurechtsausgeber erhält für die Verpachtung seines Grund und Bodens den Erbbauzins in Form einer regelmäßigen Geldzahlung, meistens pro Jahr. Der Erbpachtzins wird im Grundbuch als Reallast eingetragen für eine gewisse Zeit. Dann könnte er angepasst werden. Meistens ist eine Wertsicherungsklausel vereinbart, wonach auch schon während der Laufzeit eine Anpassung erfolgen kann. Auch dieses Recht des Grundstückseigentümers auf Erhöhung der Pacht wird im Grundbuch in Abteilung !! als Erbpachtzinserhöhungsklausel !! eingetragen. Gekoppelt ist die Anpassungsmöglichkeit an die Entwicklung des Lebenshaltungskostenindex des statistischen Bundesamtes.
Die Laufzeit eines Erbbaurechts wird im Erbbaurechtsvertrag geregelt. Die übliche Laufzeit beträgt 99 Jahre. Entweder endet es dann oder es erfolgen Verlängerungen – meist unter Anpassung der Bedingungen wie z.B. Erhöhung des Erbbauzinses. Die Rückzahlung aller Darlehen muß laut allgemeiner Regelungen der deutschen Hypothekengeber 10 Jahre vor Ablauf des Erbbaurechts erfolgt sein! Das ist ein wichtiger Punkt bei der Finanzierung von Erbbaurechten, die schon einige Jahrzehnte kaufen!
Erbbaurechte können verkauft, belastet oder erweitert werden – allerdings immer nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers. Auch die Vererbung ist möglich.
Endet das Erbbaurecht, hat der Grundstückseigentümer den Heimfallanspruch. D.h., auch das Gebäude fällt an den Eigentümer – allerdings nur gegen angemessene Entschädigung für die Bauten. Es wird ein Verkehrswertgutachten erstellt. Die Entschädigung beläuft sich meist auf etwa 2/3 dieses Wertes. Kann der Eigentümer diesen Geldbetrag nicht bezahlen, muß er mit dem Erbpachtberechtigten den ErbpachtVertrag verlängern.
Erbbaurechte sind Grundstücksgleiche Rechte und können von Hypothekengebern beliehen werden. Die Absicherung erfolgt durch Eintragung von Grundschulden in Abteilung III des Erbpachtgrundbuches. Die Tilgung ist so zu bemessen, dass alle Darlehen 10 Jahre vor Ablauf des Erbbaurechts komplett zurückgezahlt sind. Ggf. muß bei den Verhandlungen im Vorfeld mit dem Grundstückseigentümer gesprochen werden, dass er den ErbpachtVertrag verlängert! Andernfalls ist die Finanzierungsrate entsprechend hoch. Im Zweifel ist eine Finanzierung mit Bankdarlehen nicht möglich. Grundsätzlich gelten für die Beleihung von Erbbaurechten andere, strengere Beleihungswertermittlungen und ggf. auch etwas erhöhte Zinssätze. Das begründet sich insbesondere daran, dass die Banken im Grundbuch nicht die 1. Rangstelle bekommen können, da diese durch die 2 – 3 Erbbaurechtseintragungen in Abteilung II blockiert ist. Über Barwertberechnungen werden die Vorlasten bewertet und dann der individuelle Hypothekenzins kalkuliert.
Da die Erbbaurechte an 1. Rangstelle stehen, würden diese im Falle einer Zwangsversteigerung als erste befriedigt. Für diesen Fall würden Banken nur selten eine Erbpachtfinanzierung übernehmen. Also gibt es Hilfsmittel, die diesen Nachteil heilen. Dies kann durch die Abgabe einer entsprechenden „Stillhalteerklärung“ des Eigentümers erfolgen. Liegt diese nicht vor, muß der kapitalisierte Erbpachtzins als wertmindernd bei der Beleihungswertermittlung abgezogen werden. Das hat einen deutlichen schlechteren Zins zur Folge.
Oft begrenzt der Grundstückseigentümer die Grundschuldbelastung im Grundbuch. Diese Frage ist dringend im Vorfeld zu klären, da er ja der Eintragung von FinanzierungsGrundschulden immer zustimmen muß. Sinn macht die Einholung einer Belastungsgenehmigung, damit es später keine Probleme gibt. In unglücklichen Fällen ist sehr viel Bargeldeinsatz erforderlich. Hat man dies nicht, kann man die Immobilie/das Erbbaurecht im Zweifel nicht kaufen.
Eine oft gestellte Frage ist, ob man beim Erwerb eines Erbbaurechts die sonst übliche Grunderwerbsteuer an das Finanzamt bezahlen muß, da man ja gar kein Grundstück kauft. Ja, auch hier wird die Zahlung fällig, wenn auch nicht in der sonst üblichen Höhe. Als Beispiel: Der Erbpachtzins beträgt monatlich 230,- für ein Erbbaurecht, das noch 66 Jahre läuft. 230,- x 12 = 2.760,- p.a. (Jahreswert des Erbbaurechts) x Vervielfältiger, der regionsabhängig sehr unterschiedlich ist (beim Finanzamt erfragen), z.B. 18,136 = 50.055,36 (Berechnungsgrundlage für die GEST), z.B. für Niedersachsen 5 % = Zahlung an das Finanzamt einmalig 2.502,77. Das ist die Kostenposition, die in die Erstellung einer Gesamterwerbskosten einer ImmobilienInvestition aufgenommen werden muß.
In einigen Fällen lohnt sich die Frage an den Eigentümer des Grundstückes, ob man nach Erwerb des Erbbaurechts anschließend das Grundstück kaufen kann. Es würde sich zwar die Finanzierungssumme erhöhen, aber man hat dann keine der o.a. Beschränkungen/Nachteile. Auch im Verkaufsfalle hat man deutliche Vorteile.
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